Mittwoch, 15. Januar 2014

EU-Rebell Ungarn nähert sich Russland an

Ungarns Premier Orbán mit Russlands Präsident Putin



Dass es für ein ehemaliges Ostblockland auch anders geht, als die Beziehungen zu Russland auf eine verbissene Geschichtspolitik zu reduzieren und innerhalb der EU für den Konfrontationskurs zu werben (wie es etwa Polen oder die baltischen Staaten tun), demonstriert in den letzten Jahren Ungarn.

Gerade eben hat Ungarns Premier Viktor Orbán in Moskau ein Abkommen im Wert von 10 bis 12 Milliarden Euro unterzeichnet, das den Bau von zwei neuen Reaktoren im ungarischen Paks vorsieht. Die Finanzierung des Auftrags an den russischen Atomkonzern Rosatom wird mit dem entsprechenden Kredit aus Russland gewährleistet. Die Einigung ist ein unzweideutiger Affront gegen die Versuche der EU-Kommissare, eine einheitliche Energiepolitik gegenüber Russland zu zimmern.

Bereits vor wenigen Jahren schoss Ungarn das wirtschaftlich fragwürdige Abenteuer Nabucco in den Wind und unterzeichnete mit Gazprom einen Vertrag über die Verlegung der geplanten Pipeline South Stream durch sein Staatsgebiet. Der russisch-ungarische Handel demonstriert stattliche jährliche Zuwachsraten und beläuft sich mittlerweile auf umgerechnet immerhin 10 Milliarden US-Dollar, womit Russland der drittgrößte Handelspartner für Ungarn ist.

Ungarns Erwärmung für Russland hat ihre Ursachen nicht nur im objektiv vorteilhaften Charakter der   beidseitigen Kooperation, sondern auch in den Spannungen zwischen Budapest und Brüssel. Ungarn möchte mehr Respekt für seine nationale Gesetzgebung und ist nicht in dem Maße, wie die EU das gerne hätte, zur Abgabe seiner nationalen Souveränität bereit, weshalb es im beidsetigen Verhältnis immer wieder kracht. Der Druck der EU auf Ungarn trägt inzwischen immer destruktivere und diskriminierendere Züge, zum Beispiel die Erwägung von antiungarischen Sanktionen durch die EU-Kommission.

Während manch andere osteuropäische Staaten ihre identitätsstiftende Russland-Phobie weiterhin pflegen wollen und im Rahmen dieser Denkweise bereit sind, sich jedwede Bevormundung durch die EU gefallen zu lassen, scheint Ungarn realistischer zu begreifen, aus welcher Richtung seine nationale Souveränität heute stärker bedroht ist. Ungarn könnte sich auf diese Weise zu einem Präzedenzfall der Überwindung postsozialistischer Komplexe entwickeln, dessen Erfolge in der wirtschaftlichen und politischen Kooperation mit Russland auch auf andere Länder ausstrahlen können. Zum Beispiel, auf die wankelmütigen Bulgaren, die ihre vorteilhaften Großprojekte mit Russland (AKW Belene, South Stream) auf Druck Brüssels und Washingtons immer wieder Revisionen unterziehen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich habe schon fast geglaubt, dass in Ungarn etwas aus dem Ruder läuft. Also ich hätte fast unseren Qualitätsmedien geglaubt, böser Fehler. Danke für die Info, jetzt ist wieder Alles erklärbar.
Eine Anmerkung:
- Das Handelsvolumen zwischen Russland und Ungarn beträgt sicher nicht 10 Mrd. US-Dollar. Aber möglicherweise den selben Betrag in anderen Währungen.
Genauso hat Russland der Ukraine weder Dollar- noch Euro-Kredite gegeben, wie (nicht von Ihnen) berichtet sondern Rubel oder Griwna.
Das ist der richtige Weg.


der unbequeme hat gesagt…

Danke für den Hinweis, ich habe das Wort "umgerechnet" hinzugefügt ;)